VEREIN

E-Sports

Text: Gerd Schild · Foto: HSV

Daumendrücken

Seit Ende 2018 hat der HSV ein eigenes E-Sport-Team in der Virtual Bundesliga. Der Start lief super. Fifa-Profi Niklas Heisen erzählt, wie er Fußball an der Konsole und auf dem Rasen verbindet.

Wenn Niklas Heisen für den HSV auf Torjagd geht, ist Ruud Gullit immer dabei. Heisen, Gullit – hier stimmt was nicht, werden nicht nur Rothosen denken. Von Fußballprofi Heisen haben sie vielleicht noch nie gehört, und Mittelfeldstratege Gullit hat das Oranje-Trikot schon lange in den Spind gehängt. Niklas Heisen ist E‑Sports-Profi im Trikot des HSV. Und weil beim virtuellen Sport eben ein paar Dinge anders laufen, darf auch noch der gute alte Ruud mitspielen.

Unabdingbare Erweiterung zum realen Fußball

Zum Jahresende ist der HSV in den professionellen E‑Sports eingestiegen und spielt mit seinem E‑Sports-Team in der Virtual Bundesliga. Man hat gemerkt, dass die Fußballsimulation „Fifa“ eine hohe Relevanz für viele HSV-Fans besitzt – und hat darauf reagiert. „Den virtuellen Fußball sieht die HSV Fußball AG als unabdingbare Erweiterung zum realen Fußball“, so Florian Riepe, HSV-Direktor Marketing und internationale Märkte.

Jetzt ist der HSV dabei, wenn auf höchstem Niveau „Fifa“ gespielt wird – und mit dabei sind auch die Fans. „Wir freuen uns, als HSV hier Tradition und Neues miteinander zu verbinden“, sagt E‑Sports-Projektkoordinator Roberto Cepeda.

Quinten, Testotier und Heisen

Zum Dreierteam der Rothosen bei der Fußballsimulation „Fifa“ gehören die Profis Quinten „Quinten“ van der Most, Jannik „Testotier“ Berg sowie das norddeutsche Talent Niklas „Heisen“ Heisen. „Die Jungs machen einen tollen Eindruck“, befand auch Bernd Hoffmann nach einem Besuch der Konsolensportler. Aktuell soll das Team so zusammenbleiben. „Grundsätzlich halten wir die Augen nach weiteren Talenten für unser E‑Sports-Team offen“, sagt Cepeda.

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Die Raute auf der Brust ist eine Ehre

Fußball oder E‑Sports? Für Niklas Heisen hat sich diese Frage nie gestellt. „Ich bin Fußballfan durch und durch“, sagt der Zwanzigjährige. Heisen ist der einzige Norddeutsche bei den E‑Rothosen und weiß: „Die Raute auf der Brust ist eine Ehre.“ Heisen gerät ins Schwärmen, wenn er von seinen Wochenenden erzählt. Bei Heimspielen der Profis in der zweiten Bundesliga zockt er in der E‑Sports-Loge im Volkspark gegen Fans an der Konsole, gibt Tipps, wie sie sich verbessern können. Danach schauen alle gemeinsam das Spiel.

Im März letzten Jahres überzeugte Heisen mit einer starken Leistung bei der #moinVBL-Challenge im Volkspark. Manche Fußballfans sagen: Drücken die Jungs da nicht nur mit den Daumen auf dem Plastikcontroller herum? Heisen kennt die Vorbehalte. „Das ist ein geistiger Sport – wie Schach oder Darts“, sagt er. Und die mentale Belastung beim E‑Sports ist enorm. Vielleicht hilft Heisen da sein Psychologiestudium, das er 2018 aufgenommen hat.

Heute trainiert er zwanzig bis fünfundzwanzig Stunden pro Woche an der Konsole. „Gezockt habe ich schon immer“, sagt Heisen. Die ersten Partien, da war er noch ein Knirps, spielte er bei „Fifa 04“. Aber auch der echte Sport kommt nicht zu kurz. Seit ein paar Monaten lebt der Zwanzigjährige in Hamburg, er hat sich Hammonia auf der Schanze angeschlossen. Stürmer ist er dort. „Ich mag offensives Spiel, liebe Dribblings und presse hoch“, sagt Heisen über seinen Stil. Bei den Fußballkollegen hat es ihm Lewis Holtby angetan, sein Lieblingsspieler.

Die Entwicklung des Sports ist enorm

Hat man als E‑Sportler des HSV denn auch schon Fans? Niklas Heisen wird immer wieder mal erkannt – neulich sogar in seiner Heimatstadt Kiel. Zwei Frauen wollten ein Foto mit dem „Fifa“-Ausnahmekönner. Die Entwicklung des Sports ist enorm. Heisen nennt ein Beispiel. 2013 gewann er auf einem der wichtigsten Turniere den ersten Preis: Fußballschuhe, für den Sieger zwei Nummern zu groß. Heute gibt es dort 30.000 Euro Preisgeld.

„Mein Papa ist riesiger HSV-Fan“, sagt Heisen. Und der war skeptisch, als er den Sohn zu einem Turnier nach Ankara begleiten sollte. Doch als er Niklas spielen sah, die Bewunderung der Zuschauer, die Spannung in der Sporthalle – da war er nicht nur Fußball-, sondern auch E‑Sports-Fan. „Wenn wir meinen Papa erreichen, dann erreichen wir noch sehr viele Sportfans in Deutschland“, glaubt Niklas Heisen.

Sein Ziel für diese Saison: Top Ten. Und irgendwann mal im ausverkauften Volksparkstadion – mit der Konsole auf dem Spielfeld. Das Nordderby gegen Werder haben immerhin schon tausend Fans am Bildschirm angeschaut. „Andere E‑Sportarten zeigen, dass es möglich ist, ganze Arenen zu füllen. Wenn sich die ‚Fifa‘-Szene so weiterentwickelt, dann sind wir auf dem richtigen Weg“, sagt Projektkoordinator Cepeda.

„Ich kann mir gut vorstellen, dass es irgendwann auch öffentliche ‚Fifa‘-Trainings gibt wie bei den Fußballern“, sagt Niklas Heisen. Ihn stört das im Gegensatz zu manchen Kollegen, die sich etwa mit Ohrstöpseln gegen die Geräusche von Zuschauern abschirmen, nicht. „Ich mag das ganz gern, von mir aus können die Fans auch klatschen“, sagt er. |

hsv.de/eSports

Trainingskiebitze haben es beim E-Sports nicht ganz so leicht wie bei den Kollegen mit den Stollen­schuhen. ­E-Sports-Profis üben in der Loge 50 im Volkspark­stadion – und da ist der Platz für Zuschauer begrenzt.

Fans können sich die HSV-Spiele online anschauen, die Virtual Bundesliga Club Championship wird live auf Twitch gezeigt (www.twitch.tv/hsv_esports).

Spieltermine und alles Wichtige für Fans gibt es auf www.hsv.de/eSports.