VEREIN

HSV III

Text: Dennis Trolldenier und Matthias Wolf · Fotos: Christian Küch

Trainergespann auf
Augenhöhe

Zwei Fußballtrainer, die einander verstehen: Christian Rahn (links) und Marcus Rabenhorst (rechts).

Marcus Rabenhorst und Christian Rahn sind das Erfolgsduo in der Landesliga Hammonia. Ihre Mannschaft, die „Dritte“ des HSV e. V., spielt erfolgreich und zeigt starke Mentalität. Die Trainer sind auf einer Wellenlänge, wohnen zwei Minuten voneinander entfernt und fahren gemeinsam zum Training. Es sollte die Fortführung einer Erfolgsgeschichte werden, als der HSV III zur Saison 2017/2018 in die Hamburger Fußball-Oberliga aufstieg. Es war das erste Mal, dass das Team in dieser Spielklasse an den Start ging, und schnell wurde klar, dass dieses Unterfangen kein leichtes wird. Das bekam auch Aufstiegstrainer Felix Karch zu spüren. Nach sieben Spielen und vier Punkten einigten sich Trainer und Abteilungsleitung auf die Beendigung der Trainertätigkeit bei HSV III. Heute führt Felix Karch erfolgreich die B-Juniorinnen des HSV. Seinen Posten übernahmen Marcus Rabenhorst, spielender Co-Trainer, und Christian Rahn, Ex-Profi. Beide haben in ihrer aktiven Laufbahn in der Oberliga gespielt, „Rahner“ kann dazu auf 280 Profispiele, unter anderem für den HSV, in Deutschlands höchsten Spielklassen zurückblicken. Für ihn war der neue Trainerjob eine Chance: „Mir geht es auch darum, Erfahrung zu sammeln, die über das Nachwuchsleistungszentrum des HSV hinausgehen“, sagt der 39-Jährige.

Es war nicht der erste Kontakt der beiden, denn Rabenhorst spielte mehrmals mit Victoria Hamburg gegen die U 23 des FC St. Pauli und damit auch gegen Rahn, der im Amateurbereich seine Karriere ausklingen ließ. Doch es war das erste Gespräch im Oktober 2017 auf der Paul-Hauenschild-Anlage. „Wir haben zügig festgestellt, dass das für uns passt.“ Die beiden schnackten keine ganze Stunde und entschieden sich, das abstiegsbedrohte Team zu übernehmen. Fortan galt es, die Erfahrung aus der aktiven Zeit in die Mannschaft einzubringen. Natürlich konnte dies nicht auf Anhieb funktionieren, und so überwinterte die Mannschaft damals auf dem letzten Tabellenplatz. Dennoch war die Mission Klassenerhalt nicht abgeschrieben. In der Rückrunde hat die Mannschaft wieder guten Fußball gespielt und die Ideen des Trainerduos umgesetzt. Gereicht hat es nicht. Rahn glaubt: „Der Aufstieg in die Oberliga kam für die Mannschaft ein Jahr zu früh. Grundsätzlich war sie noch nicht so weit.“ Als Vorletzter ging es wieder in die Landesliga Hammonia, wo das Team Raute inzwischen zu den Besten gehört, auch dank der beiden Trainer. |


Wir erwischen Rahn und Rabenhorst gemeinsam auf dem Weg zum Training.

Moin, ihr beiden! Vor fast einem Jahr habt ihr die Mannschaft übernommen. Wie kam es zu der Konstellation?

Marcus Rabenhorst: Der Kontakt kam durch Kumar (Kumar Tschana, Leiter HSV-Amateursport; Anm. d. Red.). Ich habe von vornherein gesagt, dass ich es beruflich nicht leisten kann, alles allein zu machen, und habe dann ganz offen mit Frank (Frank Schaube, Abteilungsleiter; Anm. d. Red.) kommuniziert, dass ich keinen einfachen Co-Trainer haben will, der hin und wieder ein Hütchen aufstellt, sondern dass wir ein Trainergespann bilden sollen mit Qualitätsanspruch und dass jeder auch unabhängig eine Trainingseinheit leiten können muss.

Wie lief die Zusammenarbeit in den ersten Monaten? Wo gab oder gibt es Gemeinsamkeiten, wo unterschiedliche Sichtweisen?

Rabenhorst: Wir haben zügig festgestellt, dass das für uns passt, und bislang ist es auch so, dass es null Reibungspunkte gibt, und ich wüsste auch nicht, wann es die mal geben sollte, weil wir uns von der Philosophie her ähnlich sind und Entscheidungen immer gemeinsam treffen.

Bei euch beiden treffen Erfahrung aus der Bundesliga und Oberliga aufeinander. Wie könnt ihr diese in die Mannschaft einbringen? Welche Aufgaben übernimmt wer?

Rabenhorst: Ich habe lange in der Oberliga gespielt und konnte auch drei Jahre Regionalligaluft schnuppern. Ich bin allerdings bei Hansa Rostock im Nachwuchsleistungszentrum groß geworden. Dort sind die professionellen Strukturen nicht so weit weg, zumindest hat man sie dort mal kennengelernt. Wenn wir gewisse Themen besprechen, findet man sich schon wieder, weil wir beide manchmal von Spielern zu viel einfordern, weil wir diesen hohen Anspruch haben und wir manchmal detailverliebt sind. Das wissen wir auch.

Christian Rahn: Bei mir ist das auch so. Ich habe zum Ende meiner aktiven Laufbahn zwei Jahre bei Pauli in der U 23 gespielt. Grundsätzlich gilt gerade im Profibereich, dass man versucht, viel von den Trainern mitzunehmen und in die eigene Arbeit als Trainer einzubauen. Bei mir kommt noch die Arbeit im Nach­wuchs­leis­tungs­zen­trum dazu, wenn ich da auch im Trainingsbetrieb der Mannschaften dabei bin und mir Abläufe abschaue, sodass ich da auch meine Erfahrung einbringen kann.

Wie stellt ihr euch vor, dass die Mannschaft Fußball spielt? Welche Idee habt ihr?

Rahn: Der beste Fußball ist der, der erfolgreich ist. (lacht) Nein, ich glaube, wir wollen, was unsere Philosophie angeht, schon versuchen, dass wir möglichst häufig den Ball haben beziehungsweise häufiger als der Gegner. Das hat auch letzte Saison vernünftig funktioniert. In diesem Jahr wird das modifiziert, indem wir schauen, wer der nächste Gegner ist, wie er Fußball spielt. Trotzdem bleibt es dabei, dass wir wenig mit langen Bällen operieren, sondern fußballerisch eine starke Mannschaft sein und so die Tore erzielen wollen. Was uns vergangenes Jahr gefehlt hat, war defensive Stabilität. Wenn man sich Spiele anschaut, bei denen wir nur ein Gegentor hatten, haben wir darauf auch in den letzten Wochen vermehrt Wert gelegt; wir wollen erst mal hinten die Null halten, und vorn hilft nicht der liebe Gott, da haben wir auch die Qualität, Tore zu erzielen.

Rabenhorst: Christian und ich schauen uns viele Fußballspiele an und sehen selten komplette Automatismen bei anderen Mannschaften; die sind aber unser Hauptziel. Also dass man nicht nur von einer Philosophie spricht, sondern dass ein Außenstehender diese auch ein Stück weit sehen kann. Die Spiele schauen wir uns natürlich auch an, damit wir eventuell interessante Spieler sehen, die uns weiterhelfen können, und wir so schon unabhängig von der Liga ein wenig für die neue Saison planen.

Das Kollektiv steht beim HSV III im Vordergrund, beim Trainerduo und bei der Mannschaft.

Was für eine Mannschaft habt ihr vorgefunden?

Rabenhorst: Ich war schon nah an der Truppe als Co-Trainer, und es war eine verunsicherte Mannschaft, zum Teil gab es ein bisschen Grüppchenbildung, wo man gleich ansetzen konnte, um die Verunsicherung rauszukriegen. Es war schnell klar, dass es auf Dauer mit einigen Spielern nicht weitergehen wird. Unsere Philosophie ist es, mit jungen, hungrigen Spielern zu arbeiten, nicht mit Ausgedienten, die nicht bereit sind, neue Dinge zu lernen. Da wussten wir sofort, dass wir uns im Winter umschauen müssen, damit man schon Qualität dazuholt. Nicht nur fußballerische Qualität, sondern, was teilweise viel wichtiger ist, charakterliche Eignung. Da haben wir eine Vorstellung, was ein Spieler mitbringen muss. Das ist auch mal ein Spieler, der nicht unbedingt über die fußballerische Qualität verfügt, aber vom Charakter sehr gut passt.

In der Rückrunde der letzten Saison konnten einige Spiele gegen Favoriten gewonnen werden. Welche Erkenntnisse wurden aus diesen Ergebnissen mitgenommen, die in dieser Saison weiterhelfen können?

Rahn: Mit ein bisschen mehr Spielglück in der Rückrunde hätte das anders laufen können. Wir waren mit fast jeder Mannschaft auf Augenhöhe und haben dann leider teilweise unglücklich oder aus Dummheit verloren. Natürlich haben wir schon im vergangenen Winter personell einen Schnitt gemacht und im Sommer nochmals den Kader deutlich verjüngt. Ich glaube, wir sind eine der jüngsten Mannschaft in den Landesligen, und das ist der Weg, den wir gehen wollen: junge Leute von uns und unserem Weg überzeugen und so erfolgreich sein.

Noch vor Ende der letzten Saison habt ihr beide eure Verträge verlängert. Wie wichtig war es euch, weiterhin mit der Mannschaft zu arbeiten?

Rabenhorst: Die Entscheidung ist früh gefallen. Für uns stand zur Winterpause fest, dass wir saisonübergreifend, unabhängig von der Ligazugehörigkeit, weitermachen wollen.

Die Aufgabe macht uns Spaß, und man kann hier etwas entwickeln, weil hier gewisse Strukturen noch nicht vorhanden sind, die uns eigentlich geläufig waren. Das macht das Gesamtprojekt für uns so spannend. Deswegen stand für uns beide früh fest: Egal, wo die Reise hingeht, wir sind dabei und wollen den Jungs gegenüber einen Impuls setzen, dass wir sie nicht hängen lassen, sondern wir genauso mit im Boot sitzen und schon mal vorangehen.

Rahn: Wir haben von Anfang an gesehen, dass die Jungs regelmäßig zum Training kommen, Gas geben, und uns hat die Aufgabe Spaß gemacht. Wir wollten nicht den Weg nach einem Dreivierteljahr wieder verlassen, sondern haben gesagt, dass von der Anlage in Norderstedt alles auf einem Topniveau ist und wir das Drumherum mit­an­pa­cken, dass es auch da besser wird. Da sind wir auf einem guten Weg.

Die Saison ist sehr verheißungsvoll gestartet. Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle, dass die Mannschaft so souverän auftritt und manchmal auch in den letzten Minuten das gewinnbringende Tor schießt?

Rabenhorst: Ich glaube, dass wir schon während der Trainingseinheiten von den Jungs sehr viel verlangen, aber ihnen an Tagen, an denen wir nicht trainieren, Freiraum lassen. Ich habe im letzten Dreivierteljahr gemerkt, dass viele andere Vereine ein wenig durchdrehen, in der Vorbereitung fünf Tage die Woche trainieren und dann am Wochenende noch ein oder zwei Spiele absolvieren. Wir haben von Anfang an gesagt: Wir wollen dreimal mit den Jungs gut trainieren, eine hohe Trainingsbeteiligung und am Wochenende unser Spiel haben. Grundsätzlich ist das gut angekommen.

Rahn: Wir haben den Jungs schon vor der Vorbereitung einen Laufplan mitgegeben, damit sie merken, dass sie fit genug sind. Im Moment haben wir mit unserer starken Defensive gute Rückendeckung. Wichtig ist, dass wir unser Spiel nach vorn ausbauen, da wir noch relativ wenig Tore schießen, vor allem bei dem Aufwand, den wir betreiben. Ergebnistechnisch sind wir zufrieden, spielerisch sind wir noch nicht so zufrieden, weil immer auch nicht so gute Phasen im Spiel da sind. Das ist aber Jammern auf hohem Niveau, wenn man nach neunzig Minuten die Spiele gewinnt. |